Die Ausstellung »   Reise in die Vergangenheit Ein Stück Geschichte

Reise in die Vergangenheit

Einblicke in das Leben unserer Vorfahren

Hinter der unscheinbaren Fassade eines ehemaligen Ladenlokals im Gelsenkirchener Stadtteil Rotthausen verbirgt sich eine wahre Schatzhöhle, die uns Einblicke in das Leben der Bergleute im Ruhrkohlenrevier gewährt.

Tausende von Relikten des Bergbaus wurden in mehr als 40 Jahre engagierter Arbeit durch eine kleine Gruppe Enthusiasten zusammengetragen.

Mühevoll gesucht und gesammelt, liebevoll gehütet und eindrucksvoll ausgestellt, lässt die Bergbausammlung Rotthausen die Zeit wieder lebendig werden, als die Kohle König im Revier war.

Mit dem ersten Schritt durch die Eingangstür taucht der Besucher sofort in die Welt der Bergleute ein. Plötzlich steht man inmitten einer typischen Bergmannsküche des frühen 20. Jahrhunderts. Hier beginnt eine Reise in das Alltagsleben des Bergmanns. Von der Markenkontrolle und Stechuhr passieren wir die Kaue und Lampenstube, bevor wir zur Arbeit unter Tage „einfahren“.

Über die Kellertreppe gelangen wir in einen eindrucksvoll nachgebauten Stollen mit Holzstempeln und -auskleidung.

Hier wird die Arbeit unter Tage lebendig.

Ein Tag im Leben eines Bergmanns

In der Ausstellung wird uns der Tagesablauf eines Bergmanns mit Originalexponaten und Bildern nahegebracht. Werkzeuge und Arbeitsgeräte zeugen von der harten Maloche unter Tage und zeigen die Entwicklung von Hacke und Schüppe bis hin zum Abbau- und Bohrhammer.
Bergmannsküche
Der Tageslauf beginnt in einer Bergmannsküche mit den typischen Einrichtungsgegenständen etwa im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Neben dem Kohlenherd, dem Waschbecken mit Unterschrank, einem Küchenschrank und einem Tisch mit Stühlen, gibt es ein Bord mit vielen Hausgeräten der damaligen Zeit.
Schichtbeginn
Direkt neben der Küche tritt der Besucher seine „Arbeitsschicht“ an, in dem er an einer echten Stempeluhr (Stechuhr) seinen „Schichtbeginn“ auf einer eigenen Stempelkarte stempelt. Am Ende seines Besuches kann er sich wieder „ausstempeln“.
An der nächsten Wand hängt eine Tafel mit Markennummern. Aus Platzgründen ist die Markenkontrolle nur auf einem großformatigen Wandfoto zu sehen. Es zeigt die Markenkontrolle der Zeche Dahlbusch, Schacht 8.
Die Kaue
Durch die Markenkontrolle gelangt der Besucher in die Kaue. Hier ist eine Schwarz-Weiß-Kaue aufgebaut mit der Ablage der Kleidung auf Kauenhaken, die mittels Ketten an die Decke der Kaue gezogen werden. Auf einer Bildtafel werden die übrigen Kauenbereiche gezeigt und durch Texte erläutert.
Die Lampenstube

Gegenüber der Kaue ist eine Lampenstube angeordnet. Eine Original-Ladeeinheit ist bestückt mit 15 Kopflampen und 15 CO-Selbstrettern. Zahlreiche auf Stelen aufgstellte Grubenlampen zeigen den technischen Fortschritt vom Kienspan mit seiner hochgefährlichen offenen Flamme über die erste Sicherheitslampe von 1816 und die schweren, klobigen elektrischen Lampen des frühen 20. Jahrunderts bis hin zum superleichten, leistungsstarken LED-Kopflämpchen von heute.

Der Selbstretter schützte den Bergmann in Gefahrensituationen gegen giftige Gase wie Kohlenmonoxid (CO). Er enthält u.a. einen CO-Katalysator, einen Grob- und einen Feinstaubfilter. Seit einem großen Grubenunglück 1955 wurde es für jeden unter Tage Arbeitenden Pflicht, einen Selbstretter ständig am Mann mitzuführen. Er wurde in der Lampenstube ausgehändigt, am Hosengurt befestigt und nach der Schicht wieder abgegeben.

Bergmannskluft

Der nächste Abschnitt der Ausstellung beschäftigt sich mit dem Bergmann selbst. Lebensgroße Puppen in voller Arbeitsmontur machen den starken Kontrast deutlich zwischen dem einfachen „Arschleder“ vergangener Tage und der modernen Schutzkleidung. An der Wand hängen Exponate der Bergmannsleder, sowie Helme aus verschiedenen Zeiten, die älteren noch aus Leder.

Eine lebensgroße Puppe zeigt die komplette Arbeitskleidung des Bergmanns, vom Helm mit Lampe über seinen Arbeitsanzug bis hin zu Knie- und Schienbeinschonern und Sicherheitsschuhen. Daneben sind seine Handwerkzeuge, Schaufel, Beil, Säge, Hacke und Kratzer aufgestellt und beschrieben. Die davor stehende Gezähekiste diente zur Aufbewahrung seiner Arbeitsgeräte und als Sitzbank beim Buttern.

Originale Lehrlingsverträge, Arbeitsbescheinigungen, Auszeichnungen und Jubiläumsurkunden sind nur einige der facettenreichen Dokumente rund um das Arbeitsleben im Bergbau, die uns einen persönlichen Bezug zu dem einzelnen Kumpel verleihen.

Kommunikation, Sicherheit und Rettung unter Tage

In den folgenden Vitrinen werden die Kommunikationsmöglichkeiten der Bergleute gezeigt. Danach beginnt der Sicherheitsbereich der Bergleute mit einer lebensgroßen Puppe, ausgestattet mit einer kompletten Ausrüstung eines Grubenwehrmannes einschließlich Rettungsgerät.

Dahlbuschbombe

Das revolutionäre Rettungsgerät „Dahlbuschbombe“, 1955 nach einem Grubenunglück auf der Rotthauser Zeche Dahlbusch entwickelt und erfolgreich eingesetzt, erinnert uns an die vielen Gefahren, die in der dunklen Welt unter Tage jederzeit auflauerten – von Verletzung und Verstümmelung bis hin zum Tod durch „Schlagwetterexplosionen“ und Verschüttung.

Die „Dahlbuschbombe“ wurde weltweit bekannt und diente als Vorbild vieler späteren Bergbau-Rettungsgeräte. Ein nach den ursprünglichen Plänen originalgetreuer Nachbau der Dahlbuschbombe hängt im Ausstellungsraum der Bergbausammlung. Mutige Besucher können einsteigen und bei geschlossenen Augen die beklemmende Enge, welche die Unglücksopfer in der völligen Dunkelheit erlebten, ein wenig nachempfinden.

Eine Bildtafel zeigt in Grafiken und Texten den Ablauf der Rettungsaktion zum Grubenunglück auf der Zeche Dahlbusch vom 05. Mai 1955 und dem ersten Einsatz der Dahlbuschbombe. An einem Monitor kann ein Film über eine solche Rettungsaktion mit der Dahlbuschbombe angesehen werden, der 1957 auf der Zeche General Blumenthal gedreht worden ist.

Vermessungstechnik

Im weiteren Verlauf der Ausstellung sehen wir vermessungs- und zeichentechnische Geräte und Werkzeuge, sowie ein großes Modell der Tagesanlagen der Zeche Westerholt aus der Zeit um 1960, einschließlich der Ziegelei und des Kraftwerkes. Eine weitere Vitrine zeigt Porzellanteller mit bergmännischen Ansichten.

Freizeit und Hobbys

Den Abschluss bilden zurzeit Vitrinen mit Informationen zu den Hobbybereichen der Bergleute ,Taubensport‘ und ,Bier‘. Zum Taubensport sind Taubenuhren, Ringe, Hülsen für Kassiber, Siegerpokale und Urkunden. Im Bereich Bier werden Exponate der früheren Glückauf-Brauerei in Gelsenkirchen-Ückendorf ausgestellt.

Zum Abschluss dieses Ausstellungsteiles wird kurz auf Rotthauser Unternehmen eingegangen; die Schraubenfabrik Friedberg aus dem 19. Jahrhundert, die Glasfabrik Delog/Pilkington, die Zementwarenfabrik Ostermann und die ehemals in Rotthausen tätigen sieben Ziegeleien.

Der Stollen

Steigen wir einmal die Treppe zum Kellergeschoß hinab, wird uns die Arbeitswelt unter Tage auf eindrucksvoller Weise nahegebracht. Kaum unten angekommen, befinden wir uns in einem detailgetreu nachgebauten Stollen. Mit Stempeln aus echtem Grubenholz ausgekeidet, erstreckt sich der Stollen 17 Meter weit. Im Verlauf des Stollens werden eine Reihe Exponate gezeigt und am Ende steht ein „Scheißkübel“.

Der Scheißkübel

Bei der Arbeit so tief unter Tage hatte man keine Toiletten und die Bergleute konnten ihre Arbeit nicht einfach niederlegen und wieder aus der Grube ausfahren, um ihre Notdurft zu verrichten. Die Kumpel behalfen sich, indem sie sich in einen seitlichen Stollen oder eine Strecke zurückzogen. Die menschlichen Fäkalien und der Kot der Grubenpferde bildeten ein reicher Nährboden für Seuchen wie der Wurmkrankheit. Um der Pestilenz entgegen zu wirken, stellte man seit dem 19. Jahrhundert Abortkübel an besonderen Orten auf. Ohne Firlefanz nannten die Kumpel diese Grubenklosetts einfach Scheißkübel.

Passenderweise befinden sich dahinter die Besuchertoiletten. Selbst hier sind die Wände mit alten Bergwerksschildern „geschmückt“.

Hinter der Holzauskleidung des Stollens verbergen sich kleine Lager- und Werkstatträume, die für die Unterhaltung der Ausstellung der Bergbausammlung erforderlich sind.

Wer Glück hat, kann hier unten einen Frosch erblicken: nicht etwa ein lebendiges Tier, sondern eine bergmännische Öllampe. Wird die Lampe einmal angezündet und die elektrische Beleuchtung ausgeschaltet, erfahren wir mit welch geringem Licht die Bergleute ursprünglich auskommen mussten. Ein Erlebnis der ganz besonderen Art!

Bergmann bei der Arbeit beim Licht einer Froschlampe
Zeichnung von Werner Druds aus „Der Kumpel“ von Otto Dünbier (3. Band, 1936)

Das Füllort

Am anderen Ende des Stollens sehen wir einen Förderwagen hinter dem starken Gitter eines Schachttores. Dort ist das Füllort. (Für den Bergmann ist es nie „der“, sondern immer „das“ Füllort.) Dort, wo eine Strecke auf den Schacht trifft, wurde in früheren Zeiten der Abbau aus den Förderwagen in die Förderkübel der Schachtförderung umgefüllt.

Hier ist der Anschlag eines Blindschachtes aufgebaut mit Fördekorb und Wagen im Blindschacht, dem Schachttor, einer Signaltafel mit originalen Geräten wie Schachtglocke, Signalgeber, Display und Telefon und einer Tafel mit den erlaubten Signalen. Ein Sprachrohr für die Verständigung ist ebenfalls vorhanden.

Streb mit Stahlstempeln

Neben dem Blindschacht ist ein Teil eines Strebs mit Stahl-Reibungsstempeln und Van-Wersch-Kappen zu sehen. Auf einem Monitor wird in einem Film der Kohleabbau von Hand in einem Streb gezeigt. Ein Lautsprechersystem sorgt für den originalen Geräuschpegel. Gegenüber der Treppe werden mit Druckluft betriebene Geräte, wie Abbauhammer, Bohrhammer, Luttenmotor und Leuchtstoffleuchte so installiert, dass sie zur Vorführung kurzzeitig betrieben werden können.

Langjährige Weiterentwicklung

Seit mehr als vier Jahrzehnten sammeln die ehrenamtlichen Mitglieder des kleinen Teams alles rund um die Geschichte des Bergbaus und das Leben der Bergleute. Relikte aus verschiedenen Zeiten sind auf einer 380 m² großen Fläche systematisch ausgestellt, um uns die Welt des Bergmanns näher zu bringen.

Wie einst der Streckenvortrieb und der Stollenausbau wird dieses ehrgeizige Langzeitprojekt emsig und zielstrebig vorangetrieben. Hier soll der Besucher hautnah den Alltag des Bergmanns erleben – zwischen Küche und Kaue, Kneipe und Taubenschlag.